Die Fertility-Tracker-Methode
Die „Fertility-Tracker-Methode“ ist eine Methode zur Förderung des Fruchtbarkeitsbewusstseins. Die Methodik vereint die Logik vorhandener manueller Methoden wie die Kalender-Methode, die Kalkulothermale Methode und die Symptothermale Methode in einem Zykluscomputer (Fertility Tracker), die zur Berechnung der fruchtbaren und nicht fruchtbaren Tage durch einen selbstlernenden Algorithmus ergänzt wird.
Die Fertility Tracker Methode vereint all die Schritte der gängigen Methoden in einem Gerät (Zykluscomputer, Fertility Tracker): das Messen und Dokumentieren der Basaltemperatur sowie die eigenständige Berechnung der fruchtbaren und nicht fruchtbaren Tage. Fertility Tracker speichern die Daten automatisch und werten diese anhand eines integrierten Algorithmus aus. Zudem überprüft der Algorithmus laufend die eigenen Berechnungsergebnisse auf Basis zuvor erhobener Daten und lernt damit, die fruchtbaren Tagen von den nicht fruchtbaren sehr genau abzugrenzen. Die Anwenderinnen müssen dazu lediglich regelmäßig die Basaltemperatur messen und die Tage der Menstruation eingeben. Der Fertility Tracker übernimmt alle weiteren Schritte, und ermittelt den Fruchtbarkeitsstatus der Anwenderinnen.
(Der erste Fertility Tracker wurde von Dr. Hubertus Rechberg bereits 1986 entwickelt. Das Unternehmen Valley Electronics produziert und vertreibt nach wie vor Fertility Tracker weltweit – mittlerweile ist mit Daysy die 4. Generation der Zykluscomputer verfügbar.)
Grundsätzlich basiert die Fertility-Tracker-Methode auf der Kalkulothermalen Methode und setzt sich aus einer Kombination dreier Elemente zusammen:
- Die Aufzeichnung und das Erlernen neuer Daten (der täglich gemessenen Basaltemperatur, dem Beginn und Ende der Menstruation, sowie den gesammelten historischen Zyklusdaten) durch einen Fertility Tracker.
- Die statistisch signifikante Evaluierung des Temperaturanstieges nach dem Eisprung, mit aktuellen sowie historischen Daten aus der Datenbank durch einen auf den weiblichen Zyklus abgestimmten Algorithmus.
- Die kategorische Vermeidung menschlicher Eingabe- und Interpretationsfehler durch die Kombination der Hardware (Messung durch den Sensor) und Software (Algorithmus) in einem Gerät (Fertility Tracker).
Sensor des Fertility Trackers (Hardware)
Fertility Tracker enthalten einen sehr präzisen Sensor zur Messung der Basaltemperatur. Einzigartig ist, dass dieser Sensor darauf wartet, dass sich der endgültige Temperaturwert stabilisiert. Aus diesem Grund kann es ca. 60 Sekunden dauern, bis der Fertility Tracker die Temperatur erfasst hat. Der Sensor muss sich, je nach Außentemperatur, zuerst aufwärmen, bis er seinen endgültigen Temperaturwert erreicht hat.
Sinkt die Temperatur erneut (z. B. weil während einer Messung Atmung und kalte Luft in den Mund strömen), wird der Wert erst wieder gemessen, wenn er wieder ansteigt und sich stabilisiert. Diese Methode gewährleistet eine möglichst genaue Temperaturmessung.
Der Algorithmus (Software)
Der Algorithmus wertet den Beginn der Menstruation gleichzeitig als Beginn eines neuen Zyklus. Die Basaltemperatur (BBT) wird täglich gemessen, um die Phase vor dem Eisprung festzulegen, bis sich der aktuelle Temperaturwert um eine charakteristische Verschiebung signifikant erhöht hat. Aufgrund des Mangels an eigenen Daten in den ersten Zyklen, in denen Anwenderinnen das Gerät nutzen, geht der Algorithmus davon aus, dass alle Tage (nach der Menstruation) bis zum Eisprung fruchtbar sein könnten. Aus diesem Grund haben Anwenderinnen in den ersten Zyklen mehr rote (möglicherweise fruchtbare) Tage (Abbildung 2 A).
Dieser Mechanismus wird nach kontinuierlichem Gebrauch des Geräts individuell angepasst. Die nicht fruchtbaren Tage in der Phase vor dem Eisprung werden aus den zuvor eingegebenen Daten und der täglichen Basaltemperatur des Körpers berechnet. In dieser Lernphase erfasst der Fertility Tracker alle persönlichen Zyklusdaten, um anschließend damit beginnen zu können, den Eisprung zu lokalisieren und 5 Tage vor dem wahrscheinlichsten Eisprung das individuelle fruchtbare Fenster zu bestimmen. Dies wird unter Verwendung der neu gemessenen und dokumentierten Daten (Basaltemperatur, Beginn und Ende des Menstruationszyklus, historische Zyklusdaten) evaluiert und mit der statistischen Analyse der Zyklusdatenbank verglichen. Der Algorithmus ermittelt den frühestmöglichen Tag im Zyklus, an dem Anwenderinnen wahrscheinlich den Eisprung haben werden. Die fruchtbare Phase wird dann fortgesetzt, bis der Eisprung durch den Anstieg der Basaltemperatur bestätigt wurde.
Sobald durch den statistischen Temperaturanstieg angenommen wird, dass der Eisprung stattgefunden hat und somit das Ende der fruchtbaren Zeit bestätigt wurde, setzt der Algorithmus alle folgenden Tage auf nicht fruchtbar. Täglich werden neue statistische Analysen verwendet, um zu bewerten, ob sich die Anwenderin noch in der sogenannten Lutealphase befindet. Der Fertility Tracker wartet, bis die Anwenderin erneut ihre Menstruation eingibt. Dies leitet einen neuen Zyklus ein oder lässt eine verlängerte Hochtemperaturphase erkennen, die auf eine erfolgreiche Empfängnis hindeuten könnte (Abbildung 2 B).
(Der in der Hardware integrierte Algorithmus wurde von Dr. Hubertus Rechberg, dem Gründer von Valley Electronics (VE), entwickelt. Dieser auf den Menstruationszyklus abgestimmte Algorithmus wurde in den letzten 35 Jahren weiterentwickelt und hat bereits über 10 Millionen Zyklen erfolgreich ausgewertet. Er wird in allen Valley Electronics-Geräten (Lady-Comp, Baby-Comp, Pearly und Daysy) angewendet.)
Wie unterscheidet sich die Fertility-Tracker-Methode von der reinen Temperatur-Methode?
Die reine Temperatur-Methode konzentriert sich auf die Phase nach dem Eisprung. Die häufig viel längere Phase vor dem Eisprung wird als potentiell fruchtbar angesehen. Die Methode geht von nicht fruchtbaren Tagen nach dem Eisprung aus. Bei einem relativ regelmäßigen Zyklus können Anwenderinnen der reinen Temperatur-Methode davon ausgehen, dass etwa 20-30 % der Tage (einschließlich der Menstruation) als nicht fruchtbar gelten. Bei der Fertility-Tracker-Methode liegt die Verteilung der fruchtbaren und nicht fruchtbaren (einschließlich der Menstruation) Tage bei einem regelmäßigen Zyklus durchschnittlich etwa bei 50:50.
Inwiefern unterscheidet sich die Fertility-Tracker-Methode von der Kalender-Methode?
Die Berechnung der Kalender-Methode für das fertile Fenster basiert auf der durchschnittlichen Länge der vorherigen Zyklen. Es wird angenommen, dass die Phase nach dem Eisprung, die zweite Hälfte des Zyklus, immer 14 Tage dauert (1). Das fruchtbare Fenster öffnet vier Tage vor und schließt drei Tage nach dem vorhergesagten Zeitpunkt. Informationen aus dem aktuellen Zyklus (d.h. die tägliche Basaltemperaturmessung) werden bei dieser Art der Berechnung nicht berücksichtigt. Da der Eisprung und damit das individuelle Fruchtbarkeitsfenster innerhalb eines Jahres um durchschnittlich 5 Tage schwanken kann, ist diese Methode ungenau (2).
Inwiefern unterscheidet sich die Fertility Tracker-Methode von der Kalkulothermalen Methode?
Die klassische Kalkulothermale Methode kombiniert die Basaltemperatur mit der Kalenderberechnung nach Ogino. Der Beginn der fruchtbaren Zeit wird anhand des kürzesten Zyklus minus 18 berechnet, der Beginn der nicht fruchtbaren Zeit hingegen wird anhand der Temperatur ermittelt (3).
Während die klassische Kalkulothermale Methode auf einem starren Konstrukt basiert, nutzt die Fertility-Tracker-Methode die Möglichkeit, die fruchtbaren Tage nach der Menstruation anhand bereits gemessener Zyklen genauer zu bestimmen. Die Kalkulothermale Methode versucht somit, das fruchtbare Fenster vorherzusagen, während die Fertility-Tracker-Methode (aufgrund des Mangels an ausreichenden Daten) davon ausgeht, dass alle Tage nach der Menstruation in den ersten Zyklen fruchtbar sein könnten. Diese fruchtbaren Tage werden mit jedem Zyklus individuell und genauer bestimmt.
Sobald angenommen wird, dass der Eisprung stattgefunden hat, beginnt die Fertility-Tracker-Methode, basierend auf der gemessenen BBT, den Tagen einen mathematischen postovulatorischen, nicht fruchtbaren Status zuzuweisen. An jedem neuen Tag wird dieser mathematische Test erneut ausgewertet, um zu ermitteln, ob Anwenderinnen sich noch in der nicht fruchtbaren Lutealphase befinden.
(Basierend auf den Ergebnissen der wissenschaftlichen Arbeit zur natürlichen Familienplanung (NFP) hat Valley Electronics eine neue Methode entwickelt, die ein einzigartiges Bewertungsverfahren durch statistische und mathematische Berechnungen ermöglicht.)
Periphere Basaltemperatur
Eine Pilotstudie zum Thema periphere Basaltemperatur wie sie beispielsweise auch von vielen Fitness Tracker wie der aktuellen Apple Watch 8, Oura Ring oder Fitbit verwendet wird, zeigt das grundsätzliche Problem: Zwar fand sich eine gewisse Korrelation zu den Zyklusphasen, doch der Temperaturanstieg zur Ovulation wies in dieser Studie eine erhebliche Schwankungsbreite auf und in 18% (!) der 437 nachgewiesenermaßen ovulatorischen Zyklen konnte überhaupt kein Temperaturanstieg festgestellt werden4. In weiteren 5% kam es zu einer sicherheitsrelevanten Fehlbestimmung: Die Ovulation trat erst nach dem von Produkt festgelegten fertilen Fenster auf. In einer weiteren Studie befand sich der Eisprung in 83% der Zyklen innerhalb des fruchtbaren Fensters5.
Ein zweiter wichtiger Punkt ist, dass Daysy die Genauigkeit von über 99% bei der Unterscheidung der nicht-fruchtbaren von fruchtbaren Tage bei allen (!) Nutzerinnen garantieren kann6. Ein Hintergrund für diese hohe Genauigkeit ist, dass die morgens oral gemessene Basaltemperatur bei allen Frauen gleich ist, während beispielsweise der Anteil an Körperfett7, die Umgebung oder sogar die Jahreszeit einen direkten Einfluss auf die Temperatur der Haut haben kann.
Generell gilt, dass die Entwicklung bei der Verwendung der peripheren Basaltemperatur große Fortschritte gemacht hat und sich eignet, um grob festzustellen, in welcher Zyklusphase sich die Nutzerin befindet, jedoch nicht eignet um nicht fruchtbare von fruchtbaren Tagen zu unterscheiden.
Autor: Dr. Niels van de Roemer
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1) Colombo, B. and Scarpa, B. Calendar methods of fertility regulation: A rule of thumb. Statistica , 56(1):3–14, 1996
2) Johnson, S., Marriott, L. & Zinaman, M. Can apps and calendar methods predict ovulation with accuracy? Curr. Med. Res. Opin. 34, 1587–1594 (2018)
3) Holt, J. G. H. Marriage and Periodic Abstinence , 2nd Edition (1st Edition 1937). Longmans, London, 1960
4) ShilaihM, (2017), Modern fertility awareness methods: wristwearables capture the changes of temperature associatedwith themenstrual cycle. BiosciRep.
5) MaijalaA, (2019), Nocturnal finger skin temperature in menstrual cycle tracking: ambulatory pilot study using a wearable Oura ring
6) van de Roemer N (2021), Performance of an Fertility Tracking Device
7) Salamunes A (2017), The effect of body fat percentage and body fat distribution on skin surface temperature with infrared thermography