Progesterontests: Wer sie braucht und was sie aussagen

Dein Zyklus ist sehr unregelmäßig? Du leidest unter Schmierblutungen? Du versuchst schon lange, schwanger zu werden, aber es klappt einfach nicht? Du hattest eine frühe Fehlgeburt oder sogar mehrere? Oder Du vermutest, in den Wechseljahren zu sein und hättest gern Klarheit?

Das sind fünf klassische Indikationen, um die Konzentration bestimmter Hormone in Deinem Körper zu untersuchen. Viele raten in diesen Fällen zu einem Progesterontest, der entweder mit einer Speichelprobe von zuhause aus oder mit einem Bluttest in der Arztpraxis möglich ist. Allerdings geraten diese Tests auch häufig unter Kritik. Denn ein Test allein reicht in der Regel nicht aus, um anzuzeigen, wie es wirklich um Deine Gesundheit und Fruchtbarkeit bestellt ist1. Wie, wann und warum Du Progesterontests durchführen kannst oder solltest, haben wir für Dich zusammengefasst.

Warum Progesteron testen?

Eins steht fest: Wenn Du schwanger werden und bleiben möchtest, muss Dein Progesteronspiegel stimmen. Verkürzt gesagt: Ohne genügend Progesteron keine Schwangerschaft. Zum Glück bilden die meisten von uns (ja, auch Männer) es ohne Probleme von allein. Und zwar in den Eierstöcken in hohem Maße, in Hoden und der Nebenniere in geringerem2. Progesteron sorgt dafür, dass beim Menschen die Östrogenproduktion nicht überhand nimmt, fördert beim Mann die gesunde Spermienbildung und bei uns allen die psychische Stabilität, das Immunsystem und den Stoffwechsel2. Für Frauen ist die allerwichtigste Wirkung jedoch die folgende: erst die Empfängnis und Einnistung, dann den Erhalt der Schwangerschaft zu fördern3.

Im Verlauf des Zyklus passiert in Deinem Körper folgendes: In der ersten Phase, der Follikelphase, reift Deine Eizelle im Eibläschen (Follikel) heran und Östrogen lässt Deine Gebärmutterschleimhaut wachsen. Dann kommt es zur Ovulation, zum Eisprung – und die Eihülle des Follikels, der sogenannte Gelbkörper (der tatsächlich gelb gefärbt ist), produziert fortan jede Menge Progesteron. Dadurch wird die Gebärmutterschleimhaut besser durchblutet und bereit für die Einnistung des Embryos. Studien legen auch nahe, dass Progesteron Spermien beweglicher macht, was eine Empfängnis erleichtert3.

Nach der Empfängnis bildet der Gelbkörper noch mehr als zwei Monate lang Progesteron, dann, um die zwölfte Schwangerschaftswoche herum, übernimmt die Plazenta diese Aufgabe.

In Zyklen, in denen keine Schwangerschaft zustande kommt, bildet der Gelbkörper sich zurück, der Progesteronspiegel fällt ungefähr eine Woche nach der Ovulation ab – noch eine Woche später beginnt die Menstruation und damit: neuer Zyklus, neues Glück.

Progesteron-Mangel erkennen

Bemerkbar macht sich ein Progesteron-Mangel oder Corpus-luteum-Insuffizienz (CLI), wie sie in der Medizin genannt wird, nur auf den zweiten Blick. Ein verkürzter Zyklus, vor allem in der zweiten Phase nach dem Eisprung, kann ein Indiz dafür sein (siehe Abbildung). Daysy-Benutzerinnen können zusätzlich ihre Temperaturkurve nach dem Zyklus beobachten, denn nach dem Eisprung sollte eine Hochlage (hohe Temperaturlage) erkennbar sein. Ist diese kürzer als zehn Tage, steigt die Basaltemperatur nur stufenweise an oder verbleibt auf einem niedrigen Niveau und das könnte ein Hinweis auf einen Progesteronmangel sein.

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Progesteron testen – ja bitte! Nur wie?

Da der Progesteronspiegel im Laufe des Zyklus sowie des Lebens schwankt und sich auch von Mensch zu Mensch unterscheidet, ist das spontane oder sporadische Testen sinnlos. Und die Anwendung von Progesteron-Creme, Gel oder Tabletten auf Verdacht kann sogar gefährlich sein. Kopfschmerzen und Benommenheit, Zyklusstörungen und Wechselwirkungen mit zahlreichen Medikamenten sind bei einer Überdosierung möglich4. Weil der Progesteronspiegel schwankt, darfst Du Dich bei sehr niedrigen Werten auch keinesfalls darauf verlassen, nicht (mehr) fruchtbar zu sein. Auch inmitten der Wechseljahre ist immer mal wieder ein Eisprung möglich.

Seriöse Ärztinnen und Ärzte werden bei Zyklusschwankungen oder Hinweisen auf eine verminderte Fruchtbarkeit immer eine ausführliche Anamnese vornehmen und umfassend untersuchen. Sie erheben meistens auch die Spiegel weiterer Hormone, die mit dem Progesteron interagieren.

Trotzdem gibt es einige Anbieter, die daheim anwendbare Progesterontests verkaufen. Diese Tests sollen dann durchgeführt werden, wenn der Progesteronspiegel am höchsten ist, also um Tag sieben nach dem Eisprung herum bzw. sieben Tage vor dem zu erwartenden Beginn der nächsten Regelblutung. Die Speichelproben sind anschließend in ein Labor zu schicken. Es gibt Tests, die an einem Tag zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfinden und solche, die an drei aufeinanderfolgenden Tagen zur selben Zeit wiederholt werden sollten. Die meisten Tests erheben außerdem mehrere andere Hormonspiegel zusätzlich, zum Beispiel den Östradiol- oder Cortisol-Spiegel. Ärztinnen und Ärzte kritisieren, dass bei der Messung zuhause viel schieflaufen kann, etwa infolge des falschen Timings oder einer fehlerhaften Speichelentnahme. So kann es schwer sein, zu einem aussagekräftigen Ergebnis zu kommen1.

Für alle Speicheltests gilt: Die Regeln zur Anwendung sind akribisch einzuhalten, denn das Ergebnis ist sehr störanfällig. Außerdem trägst Du alle Kosten selbst.

Bewährt und – bei richtiger Terminierung – auch aussagekräftig sind Bluttests in der Arztpraxis. Bei Hinweisen auf eine Hormonstörung, Wechseljahresbeschwerden und unerfülltem Kinderwunsch übernimmt die Kosten meistens die Krankenkasse. Frauen die Daysy verwenden haben den Vorteil, dass sie den Termin für die optimale Testung ermitteln können: Er liegt sieben Tage vor dem erwarteten ersten Tag der Monatsblutung. Wenn Du also kurze Zyklen von durchschnittlich 25 Tagen hast, wäre der Bluttest an Tag 18 ideal; bei langen Zyklen um 35 Tage passt Zyklustag 28. Dann ist Dein Progesteronspiegel am höchsten. Hilfreich ist zudem, wenn Du Deinen Eisprungtag genau kennst, um zu wissen, in welcher Phase Deines Zyklus Du bist – zum Beispiel mithilfe Deiner Daysy.

Mithilfe von Daysy kennst Du – auch mit unregelmäßigem Zyklus — den Zeitpunkt Deines Eisprungs und damit den Termin für den Test beim Arzt.

Welche Werte sind normal?

Auf der Hand liegt, dass Du keinen Progesterontest vornehmen solltest, während Du Hormone einnimmst (zum Beispiel die „Pille“) oder wenn Du gerade eine Schwangerschaft hinter Dir hast, beziehungsweise stillst.

Zu beachten ist, dass unterschiedliche Labore unterschiedliche Referenzwerte haben, was als normale Progesteronkonzentration im Blutserum gilt.

Im Folgenden drei Beispiele:

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Nach der Menopause, dem Ende der Regelblutungen, ist nur noch ein Progesteronspiegel von bis zu maximal 1,00 µg/l nachweisbar3,8.

Progesteronmangel! Und jetzt?

Noch ein Grund mehr, sofort zum Arzt oder zur Ärztin zu gehen, statt daheim zu testen: Spätestens, wenn du im Selbsttest ein deutlich zu niedriges Testergebnis erhalten hast, ist es Zeit für einen Praxisbesuch. Denn nur so kann geklärt werden, was genau hinter dem niedrigen Progesteronspiegel steckt. Wenn Du bis vor wenigen Monaten Hormone eingenommen hast, hilft Geduld meistens am besten. Andere verbreitete Ursachen eines niedrigen Progesteronspiegels sind aber auch nicht gerade selten, vor allem diese9:

  • Ovarialinsuffizienz: Die Hirnanhangdrüse schüttet zu wenig von de Hormonen FSH und LH aus
  • Ein Polyzystisches Ovar Syndrom (PCOS), eine häufige Hormonstörung
  • Funktionsstörungen der Nebenniere, Schilddrüse oder Bauchspeicheldrüse, zum Beispiel eine Schilddrüsenunterfunktion oder Diabetes
  • Starker Vitamin- und Nährstoffmangel, zum Beispiel infolge einer extremen Diät oder einer nicht optimal therapierten chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (zum Beispiel Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)
  • Du bist in den Wechseljahren.

Je nach Verdacht sollten weitere Untersuchungen stattfinden, die aufzeigen, wie es Dir insgesamt geht und ob eine Therapie möglich und erforderlich ist. Vielen hilft bereits eine ausgewogene Ernährung, und der Progesteronspiegel erreicht wieder ein normales Maß.

Manchmal muss eine Grunderkrankung behandelt werden, zum Beispiel die Unterfunktion der Schilddrüse oder Morbus Crohn. In vielen anderen Fällen kann der Progesteronmangel tatsächlich mit Progesteronpräparaten behandelt werden.

Fazit: Verdacht auf Progesteronmangel? Besser untersuchen lassen!

Du siehst: Dein Progesteronspiegel hat viele Einflüsse auf Dein Leben und ihn ermitteln zu lassen, kann durchaus sinnvoll sein. Doch am besten im Rahmen einer umfassenden Diagnostik mit Behandlungsmöglichkeiten, falls wirklich etwas nicht stimmt. So erfüllt sich Dein Wunsch nach mehr Regelmäßigkeit im Zyklus und weniger Beschwerden, Dein Wunsch nach einem Baby oder Dein Wunsch nach Wohlbefinden in den Wechseljahren am ehesten.

Autor: Dr. Niels van de Roemer

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Quellen:

1) Merlot J: SPIEGEL online, 2. November 2013 https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/speicheltests-auf-hormone-aerzte-warnen-vor-unnuetzen-analysen-a-930835.html

2) Oettel M, Mukhopadhyay AK. Progesterone: the forgotten hormone in men? Aging Male. 2004 Sep;7(3):236-57. doi: 10.1080/13685530400004199

3) Voos D, Apotheken-Umschau 2017: https://www.apotheken-umschau.de/diagnose/laborwerte/progesteron-zyklus-und-schwangerschaftshormon-740809.html

4) Maucher IV, Gelbe Liste 2019: https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Progesteron_21326

5) Norman RJ: Aust Prescr 2002;25:38-40; https://www.nps.org.au/australian-prescriber/articles/fertility-testing

6) Endokrinologikum-Aesculabor: https://www.endokrinologikum-aesculabor.de/leistungsverzeichnis/hormone/parameter/progesteron.html

7) Med4You: https://www.med4you.at/laborbefunde/lbef3/lbef_progesteron.htm